Von Beate Vogt-Gladigau am 1. April 2016 in der Allgemeinen Zeitung Bad Kreuznach BRETZENHEIM / WINZENHEIM

Ein Spaziergang macht Spaß, ist gesund, und hätte Ordensmeister Uwe Closhen vor 16 Jahren nicht mit seiner Frau einen winterlichen Spaziergang von Winzenheim nach Bretzenheim unternommen, würde das Weinbergshäuschen in der Lage Rosenheckvielleicht immer noch im Dornröschenschlaf liegen. Denn, obwohl von Holundersträuchen fast schon zugedeckt, entdeckte es die Familie Closhen. „Es war in einem desolaten Zustand und drohte zu verfallen“, erinnert sich Closhen noch gut an diesen Moment.

Warum dieses Häuschen nicht wieder auf Vordermann bringen, damit es vom Weinorden genutzt werden kann? Dies blieb keine rhetorische Frage, sondern die Idee nahm Gestalt an. Schließlich sind Wingertshäuschen Teil der Weinkulturlandschaft an der Nahe. Allerdings hat sich ihre Funktion geändert. Sie dienen den Arbeitern im Weinberg nicht mehr als Schutz vor Unwettern, da die Winzer heutzutage mit Autos und Traktoren in die Weinberge fahren.Erster Schritt, bei dem sich ein einst hässliches Entchen zum stolzen Schwan entpuppte, waren Gespräche mit dem Grundstückseigentümer Franziskus Graf von Plettenberg aus Bretzenheim. Das Ordenskapitel hatte Closhen dazu ermächtigt. Im Juli 2006 schlossen Franziskus Graf von Plettenberg mit Zustimmung des Pächters Egbert Graf von Plettenberg mit dem Weinorden auf die Dauer von 25 Jahren einen Pachtvertrag.
Das Papier enthielt den Passus, dass sich der Weinorden
verpflichtete, die Schutzhütte auf eigene Kosten zu renovieren. Das Ordenskapitel gestattete zunächst 5000 Euro zu investieren, wobei aber auch Ordensmitglieder tatkräftig und unentgeltlich mithelfen sollten. Es sollte sich außerdem herausstellen, dass auch Firmen sich ausgesprochen kulant am Projekt beteiligten und dass Ordensmitglieder sich mit Sach- und Geldspenden beteiligten.Zwischen 2006 und 2010 entwickelte sich eine rege Bautätigkeit, um das Dach zu renovieren, Fenster- und Türgewände zu erneuern, die zerstörte Fensterbrüstung aufzumauern, im Eingangsbereich Stufen zu setzen, den Innenbereich zu pflastern und das Häuschen innen und außen anzustreichen.

Als krönender Abschluss zierte auch ein Emblem des Weinordens das Werk. Das Gebäude erhielt außerdem einen Schutz vor Spritzwasser bei Starkregen. Dazu mussten auch Juramarmorbruchsteinen mühsam mit der Schubkarre ans Häuschen transportiert werden mussten. „Ich schätze, die gesamte von Gerd Kunz und mir bewegte Menge an Klinkersteinen, Verlegesplitt, Basaltsplitt, Mineralgemisch, Bruchsteine und Erdreich auf etwa zehn Tonnen, die zwischen oberem Weg und Häuschen bewegt wurden“, so Closhen. „Diese 50 Meter kennen wir inzwischen im Schlaf!“Closhen ist sich sicher, dass es sich bei diesem Weinbergshäuschen aufgrund des Grundrisses und seiner Größe um ein bedeutendes historisches Gebäude handelt, das schon vor 1900 erbaut wurde, denn in dem 1901 erschienenen Buch „Der Nahewein“ von Karl Voigtländer ist es abgebildet.Geschichte recherchiert:
Zur Geschichte des Häuschens mit dem auffallenden Grundriss eines Oktaeders konnte Closhen recherchieren, dass die Unternehmerfamilie Puricelli 1813 in Bretzenheim ein großes landwirtschaftliches Gebäude erwarb. Gleichzeitig baute er einen achteckigen Wasserturm mit einem 40 000-Liter-Tank, der noch heute existiert. Closhen geht davon aus, dass Carl Puricelli III nach diesem Vorbild das Häuschen um 1880 bauen ließ. Das Häuschen mit der exponierten Lage im Wingert nutzte die Familie Puricelli und später (durch Heirat) auch die von Plettenbergs als Teehäuschen. Heute können Ordensmitglieder in Absprache mit dem Weinorden an der Nahe das Häuschen für Weinproben oder auch für private Feiern nutzen.