Das Weinberghäuschen am Winzenheimer Berg

Weinberghäuschen sind auch an der Nahe Teil der Weinkulturlandschaft und dienten den Winzern als Schutz vor Unwettern bei ihrer Arbeit im Weinberg. Diese Bedeutung haben sie heute, da die Winzer mit Autos und Traktoren in die Weinberge fahren, nicht mehr.

Zu den  Satzungszwecken des Weinordens gehört auch die Landschafts- und Denkmalpflege und somit auch die Erhaltung von historischen Weinberghäuschen.

Aus diesem Grund habe ich für den Weinorden an der Nahe nach Zustimmung im Ordenskapitel im Jahr 2006 das auf dem Franziskus Graf von Plettenberg gehörenden Grundstück Gemarkung Winzenheim Flur 7 Nr. 35 aufstehende, stark renovierungsbedürftige Weinberghäuschen  auf 25 Jahre gepachtet. Bei diesem Weinberghäuschen handelt es sich ohne Zweifel auf Grund seines Grundrisses und seiner Größe um ein historisches Gebäude.

Die Renovierungsarbeiten, die teilweise von Handwerkern, zum größeren Teil aber von Ordensbruder Gerd Kunz und mir, ausgeführt wurden, zogen sich bis 2011 hin. Die dafür entstandenen Kosten wurden durch den Weinorden aus Eigenmitteln und Spenden bezahlt.

Zur Geschichte dieses Häuschens ist folgendes anzumerken:

Die Unternehmerfamilie Puricelli von der Rheinböllerhütte erwarb während der französischen Besetzung des linksrheinischen Gebietes im Jahre 1813 in Bretzenheim ein großes landwirtschaftliches Gut, bestehend aus einer großen Villa und landwirtschaftlichen Gebäuden und Weinbergen und Ackergrundstücken in den Gemarkungen Bretzenheim und Winzenheim. So lebte und verstarb in Bretzenheim Margarete Puricelli geb. Utsch, Tochter des legendären Jägers aus Kurpfalz Friedrich Wilhelm Utsch. Ihr Enkel Carl Puricelli III. baute in den Jahren 1877-1879 nach dem Tod von Margarete Puricelli die Villa aus, wie wir sie noch heute in der Großen Straße in Bretzenheim sehen.

Gleichzeitig baute er zur Wasserversorgung einen achteckigen Wasserturm mit einem 40.000 Liter Tank, der noch heute steht. Carl Puricelli war mit seiner Cousine Franziska Puricelli verheiratet, die wir u.a. als Stifterin des Franziskastiftes in Bad Kreuznach kennen und deren Sohn Heinrich 1881 die Kauzenburg und das Amalienschlösschen  in Bad Kreuznach erworben hatte.

Da er vor dem Vater kinderlos verstarb, ging das Bretzenheimer Gut im Jahre 1912 durch Heirat von Friedrich Christian Reichsgraf von Plettenberg mit Elisabeth Puricelli, einer Großnichte und Erbin von Carl Puricelli III., in den Besitz der Familievon Plettenberg über. Zu dem Gut gehörte auch dieses Häuschen, das von den Familien Puricelli und von Plettenberg auch als Teehäuschen genutzt wurde. Wann es genau gebaut worden ist, konnte mir auch der Heimatforscher Hans Schneider aus Bretzenheim nicht sagen. Bei der Urmessung der Grundstücke in der Gemarkung Winzenheim im Jahre 1822 ist das Häuschen noch nicht eingezeichnet.  In den Katasterunterlagen taucht es erstmals im Jahre 1950 im Rahmen der Flurbereinigung auf. Es muss aber bereits vor 1900 gebaut worden sein, denn in dem Buch von Karl Voigtländer mit dem Titel „Der Nahewein“, das 1901 erschienen ist, ist es auf einem Bild vom Winzenheimer Berg zu erkennen.

Nachdem ich den achteckigen Wasserturm in Bretzenheim gesehen habe, gehe ich davon aus, dass Carl Puricelli III. nach diesem Vorbild dieses Häuschen zwischen 1877 und 1879 hat bauen lassen, zumal er, wie sein Urgroßvater als großer Jäger um diese Zeit auch ein Jagdschlösschen auf der Eremitage errichtete.

Das Grundstück, auf dem dieses Häuschen steht, gehört auch heute noch zur Gemarkung Winzenheim und liegt genau an der Gemarkungsgrenze zu Bretzenheim.

Was soll in Zukunft mit dem Häuschen geschehen ?

Aufgrund seiner exponierten Lage bietet es einen wunderschönen Blick nach allen Seiten und es wird auch aus allen Himmelsrichtungen gut gesehen. Es kann daher in Zukunft in Absprache mit dem Ordenskapitel des Weinordens für private Feiern, Weinproben im Weinberg oder zu sonstigen Zwecken von allen Personen genutzt  und mit Leben gefüllt werden.

Wir wünschen für die Zukunft, dass es von Vandalismus verschont bleibt, so dass es auch noch das 21. Jahrhundert übersteht.

Der Gastland Nahe e.V. hat im Jahr 2015 den Weinorden an der Nahe für die gelungene Renovierung des Weinberghäuschens mit dem „Gastland-Nahe-Taler“ ausgezeichnet.

Uwe Closhen, ehemaliger Ordensmeister