Ordensbrief 2020/21
Liebe Ordensschwestern, liebe Ordensbrüder,
ein außergewöhnliches Jahr liegt hinter uns, geprägt von vielen Einschränkungen.
Eine fast 90 -jährige Patientin hat es so umschrieben: „Das ist ja wie im Krieg, nur dass man sich noch nicht einmal mehr sehen darf. Im Krieg haben wir uns noch zusammengeschlossen.“ Reagiert wurde darauf vom Staat in juristischer Form, allerdings so, dass ein befreundeter Volljurist zu der Aussage kommt: „Ich habe in einem anderen Land Jura studiert!“ obwohl das auch in Deutschland war. Er wundert sich selbst als Jurist über die Gesetze und versteht sie nicht.
Von daher muss man nicht traurig sein, wenn man dieser Tage nicht alles versteht. Tiefpunkte sind aber irgendwann auch Wendepunkte im Leben, wo es anschließend wieder aufwärts gehen kann. Das hoffen wir auch für unseren Verein und uns alle, die Mitglieder des Weinordens. Die Sehnsucht nach Normalität wächst täglich.
Da wir uns dieses Jahr nicht zur Mitgliederversammlung oder den feierlichen Ordenstagen treffen konnten, möchte ich dennoch an dieser Stelle zunächst unserer verstorbenen und verdienten Mitgliedern gedenken.
Es sind dies Herr Prof. Dr. Jörg Gericke, der am 12.2.2020 verstarb, Herr Hans Herrmann Barth, der am 22.6.2020 verstarb, Herr Dieter Felden, der am 20.9. von uns gegangen ist und Herr Johannes Maria Rohr, der am 13.10. eingeschlafen ist. Unser Ordensbruder Peter Wilhelm Dröscher starb am 16.12.2020 an einer Covid Infektion, wie der Presse zu entnehmen war. Sie alle waren jahrzehntelange treue Mitglieder und engagierte Weinfreunde. Wir werden die Erinnerung an sie in unseren Herzen tragen.
Stand Heute werden wir mit den Neuaufnahmen dieses Jahres zum 31.12. 246 Mitglieder zählen.
Die Vereinsaktivitäten mussten dieses Jahr sehr stark eingeschränkt werden, wir hatten leider nur zwei reguläre Vinodates am 8.1. mit dem Weingut Forster aus Rümmelsheim und am 4.3. mit dem Weingut Emrich Koebernick aus Waldböckelheim. Danach kam die große Pause und wir mussten alle Veranstaltungen wegen der Pandemie absagen. Allerdings konnten wir uns noch einmal beim Weingut Schmidt in Obermoschel am 30.9. im Freien treffen zu einem Vinodate auf dem Weingut, was freundlicherweise sogar während der Weinlese stattfinden konnte. Wir danken an dieser Stelle herzlich allen Winzerfamilien für die wieder einmal überwältigenden Einblicke in die Weingüter und die Weinphilosophie der Familien und ihrer Weinbereitung. Sehr kreativ sind sie ja und ehrgeizig und das merkt man jedes Mal wieder, wenn man aus so einem Abend voller Informationen und Emotionen raus geht und leckere Weine probieren durfte.
Diese Stärke unserer Winzer ist daraus sehr ersichtlich und mit genau dieser Tatkraft haben auch viele auf die Pandemie kreativ und erfolgreich reagiert. Und das Beste für die Winzer sind natürlich wir als Weinfreunde, die weiterhin Durst und Lust auf Wein haben. Dementsprechend liefen online Weinproben und Onlineversand. Besonders die Schließung der Gastronomie weltweit wird den Umsatz reduziert haben wie auch der durch Zölle nach Amerika erschwerte Export.
Aber die gute Nachricht hier ist ja, dass das Kapitel Donald Trump 2020 mit der Abwahl beendet wurde und es berechtigte Hoffnung auf Besserung in der deutsch-amerikanischen Partnerschaft gibt. Mit den Briten und dem Austritt aus der EU bleibt es derweil noch spannend bis zur letzten Sekunde, aber auch hier war die Rede von Prinz Charles im deutschen Bundestag für mich ein positives Zeichen, dass die Beziehung zu den Bewohnern auf der Insel auch nach dem 31.12.2020 eine gute bleiben kann. Und Schottland ist ja dabei, sich der EU selbstständig wieder anzuschließen.
Was gab es sonst noch Neues hinter den Kulissen?
Der Weinorden hat, wenn auch nur virtuell, wieder einen Ehrenpreis gestiftet für die Kammerprämierung, die am 13.11.2020 in Trier hätte stattfinden sollen. Das Weingut Christian Bamberger aus Bad Sobernheim-Steinhardt durfte den Preis dieses Jahr entgegennehmen. Christian Bamberger ist ein sehr engagierter Winzer mit herausragenden Weiß- und besonders auch Rotweinen. In die Rotweine steckt er sein ganzes kreatives Engagement und da ist er sicher auch eine der ersten Adressen in unserer Region. Er hat mir gegenüber auch ein Interesse an einer Mitgliedschaft im Weinorden bekundet. Vielleicht lernen wir ja das Weingut und die Weine in Zukunft bei einem Vinodate kennen!
Als Kapitel konnten wir uns dann zuletzt auch nur noch virtuell austauschen. Erfreulicherweise hat uns Ordensbruder Notar Feth knapp 200 Flaschen aus seinem Weinkeller aus Bad Kreuznach überlassen. Die haben wir nun unter besten klimatischen Bedingungen beim Kapitelmitglied Daniel Gemünden im Gewölbekeller eingelagert. Wir werden den Mitgliedern sobald als möglich daraus eine Vertikalprobe von Weinen einer Lage über den Jahresverlauf anbieten, um daran die Charakteristika einzelner Jahrgänge zu erarbeiten. Es wird also spannend und wir danken unserem Ordensbruder ganz herzlich für diese Spende!
Was hat das Jahr beim Winzer geprägt?
Neben der täglich anderen Situation und wechselnden Bestimmungen zu Corona gab es die neue Düngeverordnung, das Insektenschutzprogramm, die Reform des Weinbezeichnungsrechts als Beschäftigungsprogramm neben zusammenbrechenden Absatzwegen durch den Wegfall von Messen, Restaurants, Hotels oder Fluglinien sowie Touristen.
Da muss man sagen, dass die zwar langanhaltende Trockenheit die Trauben gestresst hat, aber schlussendlich die meisten Winzer mir gegenüber eine recht hohe Zufriedenheit mitgeteilt haben, darüber, dass die Menge, die reife Qualität und sogar die Säure sich am Ende oft besser dargestellt haben als zunächst erwartet. Die Lese begann recht früh im September und ging unkompliziert ohne starke Regen über die Bühne. Die Moste haben sich oft eher orange dargestellt bedingt durch einen hohen Anteil an Beta Carotinoiden. Die Gärung verlief ebenfalls recht unkompliziert und ist nun weitestgehend abgeschlossen, die Weine liegen auf der Feinhefe und werden vermutlich schon bald gefüllt. Vollendet wurde das durchwachsene und sehr anspruchsvolle Jahr durch einen sehr frühen eisigen Morgen am 30.11.2020, wo viele Weingüter gesunde Trauben für Eisweine ernten konnten.
Den Spagat zwischen dem normalen Arbeiten im Weinberg und dem sehr belastenden Jahr mit dem Verordnungswahnsinn und der Pandemie mussten die Winzer meistern und wir alle mussten unser Leben sehr nachhaltig ändern und Einschränkungen akzeptieren. Der Begriff der Demut ist der, den ich mir hier oft vor Augen halte in diesem Jahr wegen seiner Bedeutung: „in der Einsicht in die Notwendigkeit und im Willen zum Hinnehmen der Gegebenheiten begründete Ergebenheit“.
Bis dato konnten wir nicht groß reagieren außer uns schützen über die AHA-L Regeln und die Vermeidung von Zusammenkünften. Ich hoffe, dass wir mit der Impfung diese aktuell schlimme Zeit beendet bekommen und im nächsten Jahr wieder zusammentreffen können.
Daher haben wir den FOT weiterhin geplant für den 17.4.2021 im Restaurant Dreibuchen im Golfclub Nahetal. Allerdings wissen wir noch nicht, ob wir zu diesem Zeitpunkt tatsächlich die Veranstaltung werden durchführen können mit der Deutschlandreise als Weinprobe.
Die Hoffnungen liegen somit eher auf der zweiten Jahreshälfte für unsere Veranstaltungen und den Herbstordenstag sowie für Vinodates auf Weingütern des Weinordens wie zuletzt in Obermoschel. Gerne können sich dazu unsere Winzer und vor allem diejenigen, die NICHT in der NAHEWEIN-Vinothek gelistet sind bei uns melden und wir steigen in die Planung ein.
Das Jahr 2021 wird daher hoffentlich ein anderes und wieder mit Vereinsleben gefülltes Jahr des Miteinanders werden. Es wird vermutlich nicht mehr so werden wie es war. Unsere Weinreise an den Bodensee für Ende August ist vorsichtshalber schon fertig geplant und organisiert, und wir werden sie Ihnen anbieten, wenn es im ersten Halbjahr die Entwicklung der Impfsituation zulässt. Genauso gibt es Ideen für eine Sommertour und ggf. auch wieder einen Frühschoppen, wenn der Jahrmarkt wieder stattfinden sollte.
Somit sind trotz allem die Aussichten für die Zukunft positiv und ich hoffe, dass wir uns geimpft wiedersehen in 2021 und auch wieder gemeinsam anstoßen können im Weinorden an der Nahe!
Wir wünschen Ihnen und Ihren Lieben eine Gute Weihnachtszeit. Bleiben Sie gesund!
In vino vigor,
für das Kapitel, Dr. Christian Schulze, Ordensmeister